Musik
Der Brückenbauer
Peter Maffay auf dem Hessentag
Peter Maffay und Band spielen vor 10.000 in Kassel (Quelle: heldmann-images)
GDN -
“Über sieben Brücken musst du gehen“ durfte bei seinem Auftritt im Auestadion beim Hessentag in Kassel nicht fehlen. Wie sehr dieser Song mit Peter Maffay verbunden wird, war unschwer an der Intensität zu erkennen, mit der die Zehntausend im Stadion in mitsangen.
Gruppen wie Karat, von denen die “Sieben Brücken“ stammen, oder Silly, mit denen Maffay zum Beispiel vor gut eineinhalb Jahren in Jena vor 60.000 Menschen beim Open Air gegen rechte Gewalt aufgetreten war, waren in der damaligen Bundesrepublik nur wenigen Insidern bekannt. Dass sich das änderte, ist ein Verdienst Peter Maffays.
Brücken baute er im Auestadion aber auch zwischen den Generationen. Als er bemerkte, “er habe selten so viele faltenlose Gesichter im Publikum gesehen“, zeigte die Regie auf der Videowall einige strahlende junge Damen in der ersten Reihe. Ebenso strahlende Gesichter konnte man aber auch bei Fans sehen, die vermutlich schon 1968 ihre erste Maffay-Single mit seinem ersten großen Hit “Du“ gekauft haben könnten. Den spielte er zwar nicht an diesem Abend, dafür aber einen anderen Klassiker aus seinen frühen Jahren: “Es war Sommer“. Und so schlug er die Brücke von seinen Anfängen bis in die Zukunft. Denn das Kasseler Publikum wurde als Test für die CD-Tauglichkeit einiger bisher unveröffentlichter neuer Songs genutzt. Die Sorge, damit die Fans in Scharen zu den Ausgängen zu treiben, war mehr als unbegründet. Auch wenn bei diesen Titeln niemand mitsingen konnte, waren sie von gleicher Intensität wie die bekannten Stücke und wurden ebenso begeistert aufgenommen.
Diese Begeisterung hat mit Sicherheit viel mit der Authentizität des Rockarbeiters Peter Maffay zu tun. Seine Arbeitsethik ist ähnlich der von Bruce Springsteen, mit dem Kauf des Tickets sehen solche Musiker einen Vertrag mit dem Publikum abgeschlossen, der sie dazu verpflichtet, immer ihr Bestes zu geben. Und wie Springsteen sucht auch Maffay immer wieder den Kontakt zu seinem Publikum, tauscht sich aus, unterhält mit kleinen Anekdoten. Zum Beispiel mit der, als er das erste Mal mit seinem Gitarristen Carl Carlton auf dessen Idee in ein Mikrofon gesungen habe und nach dem Auftritt meinte, “das machst du nie wieder mit mir!“ Warum, demonstriert er, indem er sich an das Mikrofon Carltons stellte, das weit über seinen Kopf nach oben hinausragte.
Der zweite Grund ist die Band. Der bereits erwähnte Carl Carlton und der zweite Gitarrist Peter Keller, Bertram Engel (Drums) und Pascal Kravetz (Keyboards und Gitarre), die auch zur Stammbesetzung von Udo Lindenbergs Panikorchester gehören, Ken Taylor am Bass (“Der Mann mit dem strahlensten Lächeln auf der Bühne“, wie Maffay in vorstellte) und Chris Kramer mit der Mundharmonika sorgten für einen treibenden Rocksound, der das Publikum selbst auf den Tribünen in Bewegung brachte. Dazu kamen als Backgroundsänger Leon Taylor, der für eine kleine Rapeinlage nach vorne kam, Charlotte Klauser und Linda Teodisiu, die auch für die Percussions sorgte. Und im letzten Programmdrittel kam mit Laith al Deen der Mann mit auf die Bühne, der bereits im Vorprogramm mit seinen soulig-rockigen Songs für ein allein schon lohnendes Konzert im Konzert gesorgt hatte.
Das ist auch noch etwas, das Peter Maffay, den unbestrittenen Frontmann dieser Band, auszeichnet. Er kann zurücktreten und anderen das Rampenlicht überlassen. Das trifft nicht nur auf Laith al Deen zu, sondern auch auf andere. So interpretierten Bertram Engel und Pascal Kravetz eigene Songs. Wer sie aus dem Panikorchester kennt, weiß, dass es sich bei beiden um begnadete Musiker handelt. Dass sie aber auch starke Sänger sind, ist eher unbekannt, sieht man einmal davon ab, dass Pascal Kravetz´ erster Auftritt die Kinderstimme auf “Wozu sind Kriege da?“ von Udo Lindenberg war. Und auch Carl Carlton bekam den Raum, einen eigenen, ironischen Song, untermalt von einem ansprechenden Trickfilm, zu interpretieren, mit dem er sich Barack Obama als “König der USA“ anbot.
Die Rocknacht im Auestadion, die auf die Minute pünktlich um 19:30 Uhr mit dem einstündigen Auftritt Laith al Deens begann, endete gegen dreieinhalb Stunden später viel zu früh, jedenfalls nach Geschmack der meisten im Rund des Auestadion. Von diesem Peter Maffay und dieser Band hätte es gerne noch mehr sein dürfen, satthören konnte man sich daran nicht so schnell. Da nach dem am Nachmittag durchgezogenen Gewitter auch das Wetter mitspielte, war es einfach ein rundum gelungener Abend.
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